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Die Arktis brennt – oder doch nicht

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Irgendjemand scheint es irgendwann in den letzten paar Wochen geschafft zu haben, die Idee in den Köpfen von Journalisten zu platzieren, dass es derzeit extreme Brände in der Arktis gibt und dass dies irgendwie eine außergewöhnlich spektakuläre Nachricht ist. Die Berichte darüber sind dann meist so voll von fehlendem Hintergrundwissen und erfundenem Unsinn und Übertreibungen, dass das in erster Linie als Festmal für Klimawandel-Leugner dient. Ich denke deshalb, dass ich da ein bisschen Aufklärung zu liefern sollte. Hier deshalb ein paar Fakten aus diesem Zusammenhang.

Die Arktis wird gewöhnlich als das Gebiet nördlich der klimatischen Baumgrenze definiert. Grob ist das der Bereich von etwas südlich der Küste des Arktischen Ozeans nordwärts in Sibirien, Alaska und Kanada und dazu noch Grönland, die Beringstraße, die Aleuten und die Hudson Bay. Der Ungefähre Verlauf der Grenze ist hier zu sehen. Der nördliche Polarkreis wird manchmal als geometrisch vereinfachte Grenze der Arktis angesehen. Die Baumgrenze liegt in Teilen Nordamerikas etwas weiter südlich und in Sibirien etwas weiter nördlich. Es gibt in der Arktis um diese Jahreszeit (Juni und Anfang Juli) nur sehr wenige Brände – sowohl dieses Jahr als auch in vergangenen Jahren. Im Juni und Anfang Juli ist in weiten Teilen der Arktis der Schnee gerade noch am schmelzen oder ist gerade geschmolzen so dass der Boden meist noch nass an der Oberfläche ist und damit Brände recht selten auftreten.

Die Feuer, um die es derzeit geht, sind eigentlich Waldbrände im borealen Nadelwald. Solche Waldbrände treten in erheblicher Zahl jedes Jahr auf und sind im Grunde ein natürliches Ereignis. In diesem Jahr haben sie durch verbreitet warmes und trockenes Wetter im Juni insbesondere in Alaska und Teilen Sibiriens recht früh begonnen.

Waldbrände in Sibirien 2019-07-04

Aber ganz allgemein gibt es keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Brände in diesem Jahr im Vergleich zu den letzten Jahren im Gesamt-Umfang besonders herausragend sind. Insbesondere im letzten Jahr gab es in Kanada sehr ausgedehnte Brände und auch Anfang Juli gab es schon erhebliche Brand-Aktivitäten. Abschließend lässt sich das natürlich erst am Ende des Sommers sagen.

Waldbrände in Kanada 2018-08-15

Waldbrände in Sibirien 2018-07-03

Ob es langfristig gesehen über die letzten Jahrzehnte durch Klimawandel einen Trend zu mehr Bränden gibt ist eine Frage, die es wert wäre, solide untersucht zu werden. Dies kann man jedoch nicht nur auf Grundlage von Beobachtungen der letzten ein bis zwei Jahre machen. Und das Zählen einzelner Brände auf Grundlage von Satellitenbildern ist kein geeignetes Instrument dazu. Und falls es einen langfristigen Anstieg der Brände gibt, ist immer noch die wirklich signifikante Frage, ob und wie dies den Kohlenstoff-Haushalt des borealen Waldes als Ganzes beeinflusst. Das ist keine triviale Frage.

Die naheliegendste Erklärung für die ganze Aufregung in den Medien ist, dass eine größere Anzahl von Forschern in diesem Bereich versuchen, über sensationslüstern aufgebauschte Mitteilungen über außergewöhnliche Beobachtungen Öffentlichkeit für ihre Arbeit herzustellen. Und sie finden in Journalisten, die verzweifelt nach Clickbait-Material suchen, willige Verbündete. Das ist nicht sehr verantwortungsvoll. Die fehlende Gründlichkeit bei der Analyse der Beobachtungen und das Weglassen des größeren Zusammenhangs spielt direkt in die Hände derjenigen, welche Klimaforschung als fehlerhaft und nicht glaubwürdig diskreditieren möchten.

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