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Die Wahrheit über „true color images“

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Eigentlich hab ich schon länger etwas hierüber schreiben wollen und ein Beitrag in den OpenStreetMap user diaries hat mich daran erinnert. Die jüngsten Änderungen im Datenformat der Copernicus-Sentinel-2-Bilder – über welche ich in Hinblick auf andere Aspekte zuvor geschrieben habe – haben auch eine andere Ergänzung gebracht, mit der ich mich noch nicht auseinandergesetzt hatte – die full resolution True-Colour Images. Ich hatte dies nicht weiter beachtet, denn es schien nicht wirklich bedeutungsvoll für mich. Natürlich störte mich das zusätzliche Datenvolumen aber ansonsten verursacht dies keine weiteren Probleme. Später habe ich jedoch erkannt, das für viele Einsteiger in der Nutzung von Satellitenbildern diese Bilder jedoch vermutlich eine erhebliche Bedeutung haben, denn ihre Nutzung bietet sich für den Anfänger oft an. Möglicherweise betrachten viele die Bilder sogar ausschließlich durch diese Darstellung.

Das True-Colour Image ist im Grunde die selbe Darstellung wie die Voransichten in der ESA-Schnittstelle, auf welche man auch über die API zugreifen kann, jedoch in voller Auflösung. Ich habe zu diesen Bildern bereits früher kritische Bemerkungen gebracht und diese gelten im Grunde für die Bilder in voller Auflösung genauso. Dem Entwickler, welcher die Erzeugung dieser Bilder geplant und implementiert hat, fehlte es recht offensichtlich an Kenntnissen im Bereich von Satellitenbildern wie auch bei der Repräsentation von Farben in Computersystemen generell auf dem aktuellen technischen Stand.

Was heutige Satelliten – einschließlich Sentinel-2 – an Bilddaten produzieren ist von recht hoher Qualität, nicht nur hinsichtlich räumlicher Auflösung, sondern insbesondere auch hinsichtlich Dynamik-Umfang und geringem Rauschen. Selbst wenn man nur die sichtbaren Farbkanäle betrachtet, also rot, grün und blau, können diese Daten nicht vollständig auf einem Computer-Bildschirm dargestellt werden, man muss den Dynamik-Umfang komprimieren, um ihn darstellen zu können. Das ist keine ganz einfache Aufgabe, sie erfordert Kenntnisse und Erfahrung im Bereich Farb-Repräsentation, Bildbearbeitung und Farb-Wahrnehmung und berücksichtigt idealerweise, wofür das Bild verwendet werden soll. Trotzdem ist die Bearbeitung der Sentinal-2 True-Colour Images so ziemlich der schlechteste Ansatz hierfür, der denkbar ist. Er reduziert nicht nur enorm den praktischen Nutzen der Bilder, er macht die Bilder auch deutlich schlechter als sie von den Daten her eigentlich sind.

Hier ein Beispiel aus Patagonien von nahe der Südspitze von Südamerika:

Zum Vergleich hier eine von mir aus den Original-Daten produzierte Darstellung:

Deutlich sichtbar sind die überbelichteten Stellen im ersten Bild, welche es schwierig machen, Wolken von Schnee zu unterscheiden und die weitgehend strukturlosen Schatten wo man kaum Unterschiede ausmachen kann. Beides sind keine Probleme in den Daten sondern durch die Verarbeitung bedingt – dies wird deutlich im Vergleich zu meiner Darstellung.

Nun kann man natürlich sagen das ist das offensichtliche Ergebnis wenn man eine statische Bearbeitung mit einer auf die Situation abgestimmten Bearbeitung vergleicht. Allerdings ist dies hier nicht der Punkt – selbst mit einer global einheitliche Bearbeitung lässt sich ein deutlich besseres Ergebnis erreichen. Durch die Nutzung der qualitativ schlechten Darstellung in den Farbbildern in den Sentinel-2-Paketen verliert man eine Menge nützliche Informationen in den Daten. Oder anders betrachtet – abgesehen von der höheren räumlichen Auflösung könnte man diese Art von Darstellung auch auf Grundlage von Landsat-5-Daten aus den 1980er-Jahren erzeugen.

Die Farbränder an den Wolken sind übrigens kein Bearbeitungs-Artefakt, sondern durch die Arbeitsweise des Satelliten bedingt.

2 Kommentare

  1. Hallo,

    danke für den Artikel. Kannst du kurz umschreiben, wie du bei der Bearbeitung der Echtfarbbilder vorgegangen bist bzw. welche Verfahren du anwendest? Ich verstehe deinen Text, jedoch ist mir deine Lösung nicht ganz klar.

    Vielen Dank und Grüße

    • Hallo Daniel,

      ich beschreibe hier keine Lösung, sondern erläutere an einem Beispiel, weshalb die von der ESA gewählte Darstellungsform für die meisten Zwecke suboptimal und recht ungeeignet ist.

      Eine universell optimale Darstellungsform gibt es nicht – wie in der Fotografie ist das Ganze hochgradig subjektiv. Die ESA-Variante ist aber nicht nur für viele Anwendungen schlecht, sie ist auch fotografisch nicht gerade naheliegend und vermutlich schlicht und einfach das Ergebnis unüberlegter technischer Stümperei.

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