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Landsat-Mosaik von Deutschland und dem Alpenraum

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Seit mehr als einem Monat gibt es keinen neuen Beitrag hier im Blog – ich war recht beschäftigt mit einer Reihe von Dingen, unter anderem ein Projekt, welches ich hier vorstellen möchte.

Zunächst etwas geschichtlicher Hintergrund: Ich arbeite schon seit langem mit Landsat-Bildern und an dem Problem, solche zu nahtlosen Mosaiken zusammenzusetzen, beginnend mit den ersten als public domain verfügbaren Bildern nach 2000 und deutlich umfassender nachdem 2008 alle Landsat-Daten frei verfügbar wurden. Die meisten Arbeiten waren auf die Produktion von 3D-Ansichten ausgerichtet, jedoch produziere ich auch Zusammenstellungen für 2D-Anwendungen (wie hier und hier).

Ich bin damit natürlich nicht alleine. Landsat-Bilder bilden die Basis der Satellitenbild-Ansichten in den meisten Kartendiensten bei niedrigen und mittleren Auflösungen. Im Prinzip ist die Zusammenstellung einer solchen globalen Landsat-Ebene kein großer Akt. Die verbreitete Vorgehensweise dabei ist per Hand für jede WRS2-Kachel eine gut geeignete Szene auszuwählen – die Kriterien dafür sind (1) Wolkenfreiheit und (2) eine einheitliche Jahreszeit in einer Gegend – und dann diese relativ blind in ein Gesamtbild zu überlagern und in den Überlappungen zu überblenden. Wenn man zusätzlich etwas relative Farb-Anpassung durchführt (also die Farben jeder Szene so anpasst, dass der Unterschied zu den benachbarten Szenen minimiert wird) sieht das Ergebnis garnicht so schlecht aus. Die Probleme mit diesem Ansatz sind:

  • Das Ergebnis enthält zwar relativ wenige Wolken, ist im Allgemeinen aber nicht wolkenfrei, denn in vielen Teilen der Welt findet sich keine einzelne Landsat-Szene komplett ohne Wolken.
  • Wie gut das Ganze funktioniert hängt vor Allem davon ab, wie groß die Auswahl ist, aus der die Szenen ausgewählt werden. Die in heutigen Kartendiensten üblichen Mosaike verwenden Landsat-7-Szenen aus dem Zeitraum 1999-2003 – ein bisschen mehr als 3 Jahre also.
  • Das Ganze klappt nicht mit Landsat-7-Bildern von nach dem Herbst 2003 aufgrund des SLC-Defekts, welcher die Bilder durch Lücken in den Daten für diesen Ansatz größtenteils ungeeignet macht.

Diese Probleme zusammen sind der Grund, weshalb Kartendienste heute immer noch größtenteils 12-15 Jahre alte Landsat-Bilder verwenden – spätere Landsat-7-Daten sind durch den SLC-Defekt beeinträchtigt und es gibt noch nicht genügend Landsat-8-Bilder für eine globale Abdeckung mit der Gleichmäßigkeit und Wolkenfreiheit der alten Landsat-7-Zusammenstellungen.

Die einzige Zusammenstellung über ein größeres Gebiet, die ich kenne und die das dritte genannten Problem angeht und so neuere Landsat-7-slc-off-Daten verwendet ist das Google-Mosaik.

Lange Rede, kurzer Sinn – der einzige Weg, derzeit ein aktuelles Landsat-Mosaik in guter Qualität zu erstellen ist durch Kombination der Daten mehrerer Satelliten. Außer den verschiedenen Qualitätseinschänkungen bei den Daten der verschiedenen Satelliten gibt es eine große Anzahl von weiteren Qualitätskriterien, die es zu beachten gilt – Wolkenbedeckung, Dunst und Nebel, Saisonale Unterschiede, das Alter der Daten und die Beleuchtung um nur die Wichtigsten zu nennen. Anders als beim „Green Marble“-Mosaik wo die Farben durch umfangreiche statistische Auswertung von mehreren hundert Farbwerten pro Pixel berechnet werden stehen hier bestenfalls eine Hand voll geeigete Bilder, im ungünstigsten Fall nur eins oder zwei zur Verfügung.

In kleinerem Rahmen für einzelne 3D-Ansichten habe ich verschiedene Herangehensweisen für diesen Problem schon seit einiger Zeit entwickelt und getestet. Hier stelle ich die erste größere Anwendung dieser Verfahren vor – mit einem Landsat-Mosaik, welches Deutschland, die Schweiz und Österreich sowie Teile benachbarter Länder abdeckt. Das Ergebnis kann man hier sehen.

Das Haupt-Kriterium für die Zusammenstellung war, dass die neusten Daten zum Einsatz kommen sollten während alle Teile des Bildes aus einem Sommer-Zeitfenster stammen. Da bis jetzt nur zwei Sommer mit Landsat-8-Daten vorliegen bieten diese keine vollständig wolkenfreie Abdeckung, weshalb ich diese Daten mit Landsat-7-Bildern vergleichbarem Alters ergänzt habe. Nur dort, wo keine dieser beiden Quellen geeignete Daten liefert wurden ältere Landsat-7 und Landsat-5-Daten als Ersatz herangezogen. Da sowohl die Alpen als auch die intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebiete Norddeutschlands teils sehr kurzfristige Änderungen im Erscheinungsbild zeigen sind in der Zusammenstellung recht deutliche Unterschiede erkennbar, wo verschiedene Datenquellen aneinander grenzen. Die einzige individuelle an den Einzelszenen durchgeführte Anpassung ist die Kompensation für Atmosphären-Einflüsse, ansonsten sollen die Farben die tatsächliche Farbe der Oberfläche so gut es geht wiedergeben, so dass tatsächliche Unterschiede im Erscheinungsbild im Endprodukt sichtbar sind – oder anders ausgedrückt: Korrekte Farben haben Priorität gegenüber einem gleichmäßigen Erscheinungsbild.

Das Ergebnis ist ein Bild, welches aktueller ist, korrektere Farben zeigt und ganz allgemein das tatsächliche Erscheinungsbild der Erdoberfläche besser wiedergibt als alle anderen mir bekannten Landsat-Mosaike. Hier zwei vergrößertet Beispiele mit den Bildern aus Bing und Google im Vergleich:

Das erste stammt von einem Braunkohle-Tagebau bei Cottbus

Da sich das Gebiet durch den Abbau mit der Zeit deutlich verändert kann man hier gut die Unterschiede im Alter der verschiedenen Bilder sehen. Hier im Vergleich Bing links und Google rechts, Mapbox (was die selbe Bildbasis nutzt wie Bing) kann man durch den Link sehen:

Das zweite Beispiel von den Alpen in Österreich (Hohe Tauern):

Wieder zum Vergleich Bing und Google:

Natürlich muss ich zugeben, dass dies kein globales Bild ist – während die Techniken grundsätzlich skalierbar sind ist es im Vergleich zu den klassischen Landsat-Zusammenstellungen natürlich deutlich rechenaufwändiger, ein solches Bild zu produzieren – selbst wenn man von der Handarbeit bei der Auswahl der Bilder absieht.

Ein paar Zahlen – das gesamte Bild hat eine Größe von 130000×166000 Pixel. Ihm zugrunde liegen 201 Landsat-Szenen, 131 von Landsat 8, 53 neue Landsat-7-slc-off-Szenen und 17 ältere Landsat-7/5-Szenen. Das ist ein bisschen wie bei der berühmten 90-90-Regel – 90 Prozent der Pixel basieren auf den ersten 90 Prozent der Landsat-Daten. Die übrigen zehn Prozent basieren auf den übrigen 90 Prozent der Bilder.

Falls Sie Interesse an der Verwendung hiervon haben – das Bild ist auf services.imagico.de verfügbar. Dort finden sich auch einige weitere Beispielbilder aus anderen Gegenden.

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