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Mehr zur Vegetations-Darstellung in OpenStreetMap-Karten

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Dieser Beitrag knüpft an meine frühere Diskussion der differenzierten Darstellung von Wäldern an. Wälder sind was die Darstellung von Vegetation in Karten angeht ein relativ einfaches Thema. Wenn man darüber hinaus geht wird es unübersichtlich.

In OSM-Carto ist es traditionell üblich, dass grüne Flächen-Farben für Elemente mit Vegetations-Bezug verwendet werden – was aber nicht immer ganz konsequent umgesetzt wurde. Es gibt grüne Flächen-Füllungen für Dinge, die nichts mit Vegetation zu tun haben und traditionell gibt es auch Elemente mit Vegetations-Bezug, die mit anderen Farben dargestellt werden.

In gewisser Hinsicht decken grüne Farben den größten Teil des verfügbaren Farbraums ab, denn Grün ist der teil des Farbspektrums, gegenüber dem das menschliche Auge am empfindlichsten ist. Gleichzeitig ist die Erfassung von Vegetation in OpenStreetMap traditionell relativ undifferenziert. Während Flächen im städtischen Bereich relativ detailliert differenziert erfasst und dargestellt werden, gibt es im Grunde nur eine sehr kleine Palette von verbreitet verwendeten Charakterisierungen natürlich bewachsener Flächen. Für landwirtschaftlich genutzte Flächen ist dies etwas besser und ich habe zur differenzierten Darstellung davon bereits vor einiger Zeit was geschrieben.

Hier ist der Satz von grünen und sonstigen Vegetations-bezogenen Flächen-Farben im weiteren Sinne, die bisher im alternative-colors-Stil verwendet wurden.

grüne Flächen-Farben im alternative-colors-Stil

Diese von mir bis jetzt verwendeten Flächen-Farben kann man in folgende Gruppen aufteilen

  • Physikalische Vegetations-Typen – das sind Farben, welche Vegetation entsprechend ihrer physikalischen Charakteristika darstellen
  • Funktionale Vegetations-Typen – das sind Farben mit Vegetations-Bezug, welche Flächen charakterisieren, die nicht notwendigerweise gemeinsame physikalische Eigenschaften aufweisen, die aber eine wohldefinierte Funktion haben, die irgendeine Art von Bewuchs impliziert.
  • Nicht universell Vegetations-bezogene Flächen – hier werden Grüntöne für Flächen verwendet, die zwar verbreitet mit Vegetation in Verbindung gebracht werden, die aber in der Realität nicht notwendigerweise bewachsen sind.

Worauf ich mich hier konzentriere sind die physikalische Vegetations-Typen, insbesondere solche, die für natürlichen oder Natur-ähnlichen Bewuchs stehen sowie die Farbe für allotments – welche, wie man in der Illustration sieht, etwas aus dem Rahmen fällt.

Ich habe die hier vorgestellten Änderungen schon vor einiger Zeit implementiert, habe sie aber nicht sofort veröffentlicht um den OSM-Carto-Entwicklern die Gelegenheit zu geben, ihre eigenen Ansätze für die farbliche Gestaltung unabhängig von mir umzusetzen.

Das Farbschema für natürliche Vegetation

Die Art und Weise, wie natürliche Vegetation in OpenStreetMap erfasst wird, basiert auf einer groben physikalischen Charakterisierung und ist somit Teil der oben dargestellten physikalischen Vegetations-Typen. Die Farben für Wald (wood) und Gras (grass) – welche beide sowohl für natürliche wie auch künstliche Formen von derartigem Bewuchs Verwendung finden – bilden den Rahmen für diese Vegetations-Typen. Für den Wald habe ich das ja schon zuvor detailliert erläutert und ähnlich wie beim Wald ist es auch bei mit Gras bewachsenen Flächen so, dass es zwar in OpenStreetMap verschiedene Tags für solche Flächen gibt – die meiste Verbreitung haben landuse=meadow, landuse=grass und natural=grassland – dass diese Tags aber nicht konsistent für unterschiedliche Dinge verwendet werden, sondern relativ bunt gemischt, so dass der Datennutzer im Grunde nur als kleinsten gemeinsamen Nenner weiß, dass es sich um mit Gras bewachsene Flächen handelt. Entsprechend werden sie in einer einheitlichen Farbe dargestellt.

Die Farbe für Obstplantagen (orchard) befindet sich in der Nähe der Linie zwischen diesen Endpunkten (wood und grass) während die Farben für Heide (heath) und Buschland (scrub) bis jetzt auf verschiedenen Seiten dieser Linie zu finden waren. Man kann dies in einer Darstellung weiter unten auf der linken Seite sehen – welche die Situation natürlich vereinfacht wiedergibt, denn in Wirklichkeit ist der Farbraum natürlich dreidimensional.

Diese Grundschema wurde im OpenStreetMap-Standardstil seit langem verwendet. Die Haupt-Motivation für diese Farbwahl lag darin, dass die Zahl der Farben für natürliche Vegetation recht klein ist mit wie dargestellt im Grunde nur vier Farben und dass diese zusammen am Ende im Grunde einen recht großen Teil der Erdoberfläche abdecken würden. Es scheint deshalb eigentlich recht sinnvoll, für diese vier Grundklassen gut unterscheidbare Farben zu wählen, die das gesamte Spektrum mäßig kräftiger Grüntöne abdecken – mit der orchard-Farbe zusätzlich in der Mitte und den anderen grünen Flächen-Farben drumherum.

Das bedeutet jedoch auch, dass der große farbliche Unterschied zwischen heath und scrub einen größeren Bedeutungsunterschied zwischen den beiden Typen impliziert, als er tatsächlich besteht.

Ein paar Erläuterungen zu Heide (heath) und Buschland (scrub)

Hier ein bisschen Hintergrund zu diesen zwei Vegetations-Typen

natural=scrub und natural=heath beschreiben in OpenStreetMap im Grunde verschiedenen Höhen-Klassen dauerhafter, holziger Vegetation. Dies bezieht in OSM jeweils das mit ein, was man gemeinhin unter Buschland und Heide versteht, geht jedoch semantisch auch deutlich weiter.

gemischtes Buschland im Süden Frankreichs

Die Höhen-Klassen sind nicht präzise definiert, für scrub erstreckt sich dies jedoch im Grunde über alles, was weniger hoch ist als ausgewachsene Bäume in der jeweiligen Gegend bis hinab zur Obergrenze von heath. Die Planzen, um die es dabei geht, sind entweder junge oder verkümmerte Exemplare der Baumarten, die auch einen ausgewachsenen Wald bilden, oder eigene Busch-Arten.

von Ericaceae dominierte Heide im Gebirge in Süddeutschland

Die Grenze zwischen natural=scrub und natural=heath wird in OSM meist bei einer Höhe von etwa einem Meter gezogen. Aber das ist keine besonders klare Grenze. Was als natural=heath erfasst wird besteht üblicherweise aus eigenen Zwergstrauch-Arten. Und das schließt niedrig wachsende holzige Vegetation in verschiedenen Ökosystemen in unterschiedlichen Klimazonen mit ein – auch solche, die nicht üblicherweise als Heide bezeichnet werden.

Zwergstrauch-Vegetation in der östlichen Mittelmeer-Region

Ich habe vor kurzem eine Reihe von Foto-Links im OSM-Wiki ergänzt, welche für beide Tags eine Reihe von praktischen Beispielen zeigen.

In der praktischen Anwendung ist die Konsistenz bei der Erfassung von scrub und heath in OSM etwas schlechter als bei Wald. Die meistverbreiteten Fehler sind folgende.

  • es ist recht verbreitet, natural=scrub für die Erfassung weniger dichter, offener Wälder zu verwenden. Dies ist falsch.
  • natural=heath wird manchmal auch nicht korrekt für niedrige, relativ grobe aber nicht holzige Vegetation verwendet

kein scrub, da dies ausgewachsene Bäume sind

kein heath, sondern grassland mit ein paar Büschen und jungen Bäumen

kein heath, sondern grassland

Anders ausgedrückt: Ein im Grunde komplett ungeeignetes Tag zu wählen, weil es scheinbar einen Kompromiss zwischen zwei anderen Tags darstellt, welche nur zum Teil passen, ist keine gute Idee. Man sollte in solchen Fällen immer das Tag wählen, welches jeweils den dominierenden Bewuchs charakterisiert. Leider gibt es derzeit keine etablierte Methode, um sekundär-Vegetation in einem Gebiet zu erfassen.

Wie Wald existieren auch Buschland und Zwergstrauch-Bewuchs in laubwerfenden und immergrünen Varianten. Aber die Erfassung hiervon ist wesentlich weniger verbreitet als bei Wald und bei heath praktisch kaum üblich.

Die neuen Farben

Insgesamt bilden heath, scrub und wood also eine Art lineare Abfolge und es liegt nahe, dies in der Wahl der Farben zu würdigen, indem die Farben ebenfalls eine lineare Abfolge im Farbraum bilden. Um dabei eine gute Unterscheidbarkeit zu gewährleisten, habe ich die Farbe für heath ein bisschen aufgehellt und die Farbe für scrub dann auf halbem Weg zu wood platziert. Mit ein paar Anpassungen bei anderen Farben drumherum funktioniert das recht gut.

das alte und das neue Schema für natürliche Vegetation

die heath-Farben in den verschiedenen OSM-Standardstil-Varianten

Im Ergebnis ist der Kontrast zwischen scrub und heath sowie zu wood und grass natürlich geringer, jedoch in der Praxis immer noch gut unterscheidbar.

scrub und heath bei z17 (ein Klick zeigt einen größeren Ausschnitt)

Und in Situationen wie hier wird durch diese Farbwahl auch der Unterschied zwischen den landwirtschaftlich genutzten Flächen und den nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen besser herausgearbeitet.

scrub und heath bei z15 (ein Klick zeigt einen größeren Ausschnitt)

Die Änderung der Flächen-Farbe erforderte auch eine Anpassung der Farben für die Symbole des Musters für die verschiedenen leaf_cycle-Varianten. Hier kann man sehen, wie das aussieht:

scrub-Varianten für leaf_type und leaf_cycle

Ein Vorteil ist, dass die neutrale Farbe für Flächen ohne Erfassung von leaf_cycle ein bisschen harmonischer aussieht als vorher.

Allotments

Wie schon oben erwähnt ist die Farbe für allotments (Schrebergärten) seit der Änderung bei der Farbe von Ackerland in der Farbpalette des alternative-colors-Stil eine gewisse Anomalie.

Semantisch sind allotments ein recht interessantes Konzept. Zusammen mit farmland, orchard und landwirtschaftlich genutzten Wiesen und Weiden bilden sie einen dritten Typ von landwirschaftlichen Nutzflächen im weiteren Sinn, welche wir Ackerland eher funktional als physikalisch definiert sind. Allotments sind im Detail sehr heterogene Nutzflächen, wo Pflanzen für die Individuelle Nutzung oder gelegentlich auch für den Verkauf in kleinem Umfang angebaut werden. Die Praktische Umsetzung hiervon variiert weltweit sehr stark und es wird eine große Bandbreite von Produkten angebaut. Die Abgrenzung von farmland und orchard ist nicht immer ganz klar definiert. Die zwei verbreitetsten Typen sind Schrebergärten vom Westeuropäischen Typ mit üblicherweise sehr kleinen individuellen Parzellen und ausschließlich Fußwegen dazwischen und Anlagen, wie sie in Russland und teilen Osteuropas üblich sind, wo die einzelnen Parzellen größer sind und es üblicherweise Fahrwege dazwischen gibt.

Die gewählte Farbe muss für alle diese verschiedenen Typen in unterschiedlichen Lagen funktionieren. Meine Farbwahl hat natürlich einen engen Bezug zu den vorher besprochenen Änderungen bei scrub und heath – wodurch wieder mal demonstriert wird, dass man für ein ausgeglichenes Farbschema das Gesamtbild betrachten muss und nicht nur jeweils auf einzelne Farben schauen kann.

Hier ein paar Beispiel, wie das ganze aussieht

allotments bei z13 (ein Klick zeigt einen größeren Ausschnitt)

allotments bei z15 (ein Klick zeigt einen größeren Ausschnitt)

allotments bei z16 (ein Klick zeigt einen größeren Ausschnitt)

allotments bei z17 (ein Klick zeigt einen größeren Ausschnitt)

Zusammenfassung

Hier das gesamte aktualisierte Flächen-Farbschema des alternative-colors-Stils.

Flächenfarben-Schema des alternative-colors-Stils

Wie üblich kann jeder die besprochenen Änderungen auch selbst ausprobieren – der Stil findet sich auf github.

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