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Neue Karte von Franz-Josef-Land

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Digitale Kartenproduktion und Kartendienste im Internet haben uns viele Vorteile gebracht – egal ob wir einen Einkaufstrip in die nächste Stadt oder einen Urlaub auf einer Mittelmeer-Insel planen, uns stehen sofort Karten zur Verfügung, welche gewöhlich in Hinsicht auf Genauigkeit, Detailliertheit und Aktualität den entsprechenden vor-digitalen Produkten weit überlegen sind.

Man kommt jedoch sehr schnell auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn man die Zivilisation hinter sich lässt und einen Blick auf die entlegeneren Gebiete des Planeten wirft. Franz-Josef-Land ist ein gutes Beispiel hierfür – egal ob man kommerzielle oder nicht kommerzielle Kartendienste anschaut, die Karten sind im Bereich dieser Inseln im Grunde leer, sie enthalten meist nicht mehr als eine grobe Küstenlinie. Openstreetmap war dabei noch vergleichsweise gut, indem ein großer Teil der Inseln und einige Landmarken zumindest auf russisch mit Namen versehen waren. Ich habe inzwischen einen großen Teil der für die Karte hier erfassten Daten in Openstreetmap eingefügt, so dass man nun in OSM-basierten Karten bessere Daten findet. Auch die Satellitenbilder der Kartendienste sind lediglich lückenhaft und grob.

Der Grund hierfür liegt nicht darin, dass keine Daten von diesen Regionen verfügbar wären – es gibt zwar aufgrund der polnahen Lage einige Einschränkungen, allerdings decken fast alle privaten und staatlich betriebenen Satelliten mit hoher Auflösung diese Gegend ab. Der eigentliche Grund liegt darin, dass die Kartenproduzenten sich stark auf die Gebiete mit großem Interesse konzentrieren. Die ungleichmäßige Qualität wird hiermit zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Wenn Google und Co. die Nutzung ihrer Dienste analysieren, werden die Zugriffszahlen in Gebieten wie Franz-Josef-Land vermutlich kaum messbar sein im Vergleich zu Gebieten mit großem Interesse. Dies liegt zum Teil natürlich an wirklichen Unterschieden in der Interessenlage der Nutzer. Zum Teil liegt es jedoch auch daran, dass es dort auf der Karte schlicht und einfach nichts zu sehen gibt, was sich folglich auch kaum jemand anschaut. Und obwohl es technisch für die Satellitenbetreiber kein Problem wäre, entlegene Gebiete in den Erfassungsplan aufzunehmen, ist es wirtschaftlich sinnvoller, die immer begrenzten Möglichkeiten zur Bilderfassung zu verwenden, um zwei Jahre alte Bilder hoher Qualität in Mitteleuropa zu aktualisieren als zehn Jahre alte und wesetlich schlechtere Bilder vom Ende der Welt zu ersetztn.

Das Ergebnis von all dem ist, dass 30-50 Jahre alte sowjetische Karten und manchmal sogar eine Karte aus einem Weltatlas der 1980er Jahre mehr Details bieten als aktuelle Kartendienste. Die Karte, die ich hier vorstelle, soll diese Lücke in Franz-Josef-Land füllen. Da dies jedoch nur eine von vielen vernachlässigten Regionen darstellt, hoffe ich, dass dies auch als Anreiz für andere dient, mehr Augenmerk auf wenig beachtete Gegenden auf dem Planeten zu legen.

Die Kartierung basiert auf Landsat-Bildern, zum größten Teil von 2006 oder neuer, in Teilen jedoch auch älter. Vor Landsat 8 wurden im August normalerweise keine Bilder dieser Gegend aufgezeichnet, was recht ungünstig ist und die Erfassug der Daten erschwert hat. Es gibt zwei verschiedene Kartenstile – einen dunklen und einen helleren – welche mit den selben Verfahren erzeugt wurden, welche bereits bei der Demo-Karte zur Generalisierung verwendet wurden.

Das Beschriftungsverfahren weist noch einige Fehler auf, die man an einigen Stellen, insbesondere bei den Buchten und Meerengen, erkennen kann. Der schwierigste Teil bei der Produktion der Karte war die Reliefdarstellung, da die Releifdaten deutlich älter sind als die Satellitenbilder. Weil die Inseln zum größten Teil mit Eis bedeckt sind und sich das Eis permanent verändert, führt dies zu größeren Fehlpassungen. Die Releifdaten sind auch nicht sehr detailliert, weshalb die höchste Vergrößerungsstufe schon ein bisschen zu stark ist.

Es steht auch eine Satellitenbild-Ebene zu Anzeige zur Verfügung. Das ihr zugrunde liegende Bilder-Mosaik habe ich natürlich primär für die Produktion von 3D-Ansichten erstellt. Satellitenbilder zu einem nahtlosen Mosaik zusammenzustellen bingt in der hohen Arktis einige zusätzliche Probleme mit sich. So kann man zum Beispiel auf den Eiskappen an einigen Stellen Streifenmuster erkennen, die daher rühren, dass die Satelliten die gemessenen Helligkeiten in sehr hellen Bereichen abschneiden und dies geschieht je nach Satellit bei unterschiedlichen Werten. Streifenmuster gibt es auch in einigen eisfreien Bereichen, wo nicht genügend Bilder guter Qualität ohne Schnee vom Spätsommer verfügbar sind. Die Berechnung des Mosaiks ist ein automatisierter Prozess, wenngleich die Maskierung der Wolken, welche als Vorbearbeitung notwendig ist, hier per Hand erfolgte (denn Wolken von Schnee zu unterscheiden ist eine weitere spezielle Herausforderung in den Polargebieten).

Wer sich also mal in einem Teil der Welt umschauen möchte, welcher von den großen Kartendiensten gewissenhaft ignoriert wird, folge diesem Link.

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