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Neues zur Antarktis

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Nach meinem vorherigen Beitrag zur Antarktis und dem Podcast-Interview dazu habe ich zusammen mit Jochen den Import neuer Küstenliniendaten für den Kontinent in Openstreetmap organisiert.  Bereits damals hatte ich erwähnt, dass dies nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer besseren Erfassung des südlichsten Kontinents unseres Planeten in Openstretmap ist.

Auf der Suche nach geeigneten Daten im Februar hatte ich auch für die mögliche Nutzung der Antarctic Digital Database (ADD) nachgefragt und das Scientific Committee on Antarctic Research hat die Erlaubnis dazu erteilt, diese Daten als Quelle in Openstreetmap zu verwenden.  Ich möchte hier ein wenig Hintergrundinformationen zu diesen Daten und den Prozess, diese in Openstreetmap verfügar zu machen, geben.

Zuerst einmal einige Hintergrundinformationen – das Scientific Committee on Antarctic Research koordiniert die Forschungsaktiviäten in der Antarktis und verwaltet als Teil dieser Arbeit eine Datenbank mit geographischen Informationen, zusammengestellt aus Beiträgen der verschiedenen Nationen, die auf dem Kontinent wissenschaftliche Forschungen betreiben.  Als Ergebnis hiervon sind die Daten recht heterogen, was aber eigentlich auch recht gut zu den OSM-Daten anderswo passt.  Der Schwerpunkt der Daten der ADD liegt dabei auf den Küstenlinien.

Ich habe die Besonderheiten der Antarktischen Küstenlinie mit den Schelfeis-Gebieten bereits im vorherigen Beitrag erwähnt.  Interessant ist, dass zum Einen die Kante des Schelfeises weniger stabil ist und sich stärker verändert als die normale Küstenlinie, zum Anderen aber die Geschwindigkeit dieser Veränderung sehr unterschiedlich ist.  Die MOA-Künstenlinie, welche im März importiert wurde und welche nun die Basis der OSM-Daten darstellt, basiert auf Satellitenbildern von 2003/2004 und der Vergleich mit den ADD-Daten zeigt, dass sich weite Teile der Abbruchkante nur wenig verändert haben während in anderen Teilen enorme Bewegungen zu beobachten sind – so wie im folgenden Bild des Wilkins-Schelfeis.  Die MOA-Daten sind in Rot über die ADD-Daten gezeichnet.  Die ADD enthält auch historische Daten zum Küstenlinien-Verlauf, welche diese Entwicklung noch deutlicher zeigen (zu sehen mit einem Klick auf das Bild).

In ziemlichem Gegensatz dazu zeigt das folgende Bild des westlichen Ross-Schelfeises eine wesentlich langsamere Veränderung.  Man beachte wie die Form der Abbruchkante in beiden Datensätzen einander ähnelt – mit einem leichten Vorrücken der Kante in den neueren Daten.  Dies ist das typische Bild bei der Schelfeis-Entwicklung – das Eis bewegt sich langsam und kontinuierlich vorwärts und gelegentlich brechen größere Teile in Form riesiger Eisberge ab (was aber in diesem Bereich im betrachteten Zeitraum nicht passiert ist).

Die ADD-Daten dokumentieren alle diese Veränderungen sehr gut, die Daten für die meisten Schelfeis-Gebiete und Gletscherzungen stammen aus dem Zeitraum 2009 bis 2012.  Des weiteren sind auch die Daten der Fels-Küstenlinie deutlich detaillierter und enthalten viele kleinere Inseln, welche in den MOA-Daten fehlen.

Außer den Küstenlinien gibt es in der ADD noch weitere Daten, insbesondere zu den eisfreien Gebieten an Land.  Die Ebenen dazu heißen rock outcrop und moraines  – letztere enthalten sowohl Moränen auf aktiven Gletschern als auch Ablagerungen in jetzt eisfreien Gebieten.  Die Verwendung dieser Daten ist allerdings aus mehreren Gründen deutlich schwieriger: Zunächst zeigen sie in einigen Gegenden eine erhebliche Verschiebung relativ zur Küstenlinie wie im folgenden Ausschnitt der Ostantarktis:

Auch zu sehen ist hier, dass die Daten nicht konsistent sind, da Schelfeis (Weiß) und Fels (Orange) einander überlappen, wobei sich diese eigentlich gegenseitig ausschließen.  Bei den Küstenlinien-Daten ist recht eindeutig zu beobachten, dass die Daten aus den verschiedenen Quellen bei der Zusammenführung zueinander ausgerichtet wurden, um Sprünge an den Grenzen zu vermeiden.  Bei den eisfreien Gebieten ist eine solche Ausrichtung aber anscheinend unterblieben.  Zum anderen ist die Klassifikation rock outcrop anscheinend recht großzügig interpretiert worden – die antarktischen Trockentäler beispielsweise sind vollständig als solche erfasst (wie im folgenden Bild zu sehen).

Obwohl die Gletscher-Ablagerungen in diesen Tälern recht dünn und nicht durchgehend sind, scheint eine Klassifikation als Fels hier nicht korrekt (dieses Bild aus Wikipedia als Beispiel hierzu).

Diese Fehler stellen ein gewisses Problem bei der Vorbereitung der Daten für die Import in Openstreetmap dar.  Bei den jetzt im OSM-Wiki einsehbaren Daten habe ich die verschiedenen Gebiete beschnitten um Überlappungen zu vermeiden (da in Openstreetmap die Flächen üblicherweise keinen Ebene zugeordnet werden und die begrenzenden Linien der Flächen gewöhnlich von den aneinander angrenzenden Flächen gemeinsame genutzt werden, sind Überlappungen hier generell keine gute Idee).  Bei der Beschneidung hatten die Küstenlinien-Formen (also auch die Schelfeis-Gebiete) Priorität, da diese Daten wie erläutert gewöhnlich von besserer Qualität sind – das oben gezeigte Beispiel stellt hier die Ausnahme dar – diese Gebiete sind in Wirklichkeit Fels.

Beim Import der MOA-Daten konnte der komplette Datensatz als Ganzes importiert werden. Aufgrund der Datenmenge ist dies bei den ADD-Daten nicht mehr möglich. Die geplante Aufteilung ist im folgenden Bild skizziert. Im Bereich der Antarktischen Halbinsel habe ich aufgrund der hier noch deutlich detaillierteren Daten die Sektoren noch zuätzlich unterteilt.

Wie die Attribute der ADD-Daten in OSM-Tags übersetzt werden habe ich auf einer Wiki-Seite dokumentiert. Fragen oder Vorschläge und Anregungen sind hier, im Wiki oder auf den OSM-Mailing-Listen willkommen. Und natürlich wird Hilfe bei der Durchführung des Imports sehr willkommen sein.

2 Kommentare

  1. Hallo,
    toller Artikel!

    Mich interessiert noch, welche Temperaturen die kleineren Brocken des Ross Schelfeises haben, die man für sich an Bord herausfischen kann und wie die Konsistenz und der Geschmack ist.

    Vielen lieben Dank vorab für eine Rückmeldung; …

    Bernd

    • Hallo Bernd,

      die Temperatur eines kleinen Eisbrockens im offenen Meer dürfte immer zwischen etwa minus Zwei und Null Grad Celsius liegen – Bei niedrigeren Temperaturen würde das Meerwasser Eis bilden, bei höheren Temperaturen das Eis schmelzen. Die Kerntemperatur des Schelfeises selbst ist deutlich nierdriger, da es von der Oberseite her entsprechend der Jahresmitteltemperatur der Luft (am Schelfeisrand im Allgemeinen -10 bis -20 Grad) Wärme verliert.

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