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Nordost-Grönland im August

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Dieses Jahr war das Sommerwetter im Norden Grönlands relativ gut, wesentlich besser als 2013 so dass eine Menge Landsat-Bilder von guter Qualität verfügbar sind um ein Mosaik von der Küste Nordost-Grönlands zusammenzustellen – einer der bemerkenswertesten und gleichzeitig am schwersten zugänglichen Regionen der Erde:

Das Bild deckt große Teile des Nordostens von Grönland ab, vom Independence Fjord im Norden bis zum Storstrømmen-Gletscher im Süden. Das gesamte Gebiet ist Bestandteil des Nordost-Grönland Nationalparks.

Man kann in diesem Bild eine ganze Reihe interessanter Phänomene beobachten, von denen ich ein paar hier erläutern möchte. Zunächst einmal ist der Ozean vor der Küste hier die bedeutendste Verbindung des Arktischen Ozeans mit dem Rest des Weltmeeres und verantwortlich für den größten Teil des Wasseraustausches zwischen dem Arktischen Ozean und wärmeren Gewässern weiter südlich. Als Ergebnis hiervon hat diese Gegend einen enorm großen Einfluss auf das Weltklima. Der Ostgrönlandstrom transportiert hier das ganze Jahr über kaltes Wasser aus dem Norden Richtung Nordatlantik während weiter östlich vor der Küste Spitzbergens der Westspitzbergen-Strom wärmeres Wasser nach Norden transportiert. Deshalb ist hier vor der Küste Grönlands selbst im Sommer viel Eis auf dem Meer zu beobachten während das Klima an der Westküste Spitzbergens selbst im Winter recht mild ist. Die Dynamik zwischen den verschiedenen Meeresströmungen, dem Meeresboden und den Winden erzeugt bemerkenswerte Strukturen, welche im Meereis sichtbar sind wie auf diesem MODIS-Bild aus in etwa dem selben Zeitraum (dies wurde während der Arbeit an diesem Beitrag gerade auch beim NASA EO vorgestellt):

Zurück zum ersten Bild – der kalte Meeresstrom resultiert nicht nur in Großen Mengen an Eis auf dem offenen Meer, sondern bewirkt auch, dass Teile des Küsteneises hier in vielen Jahren über den Sommer bestehen bleiben. Dies kann man gut in der Mitte und im oberen Teil des Bildes nördlich der vergletscherten Halbinsel Kronprins Christian Land sehen. Wie ich bereits einmal kurz im Zusammenhang mit dem Arktis-Mosaik erwähnt habe sind diese Eisbereiche zumindest zum Teil über die letzten sechs Jahre erhalten geblieben. Im nördlichen Bereich ist das Eis fest mit der Küste verbunden während es im Süden vermutlich von im flachen Wasser auf Grund gelaufenen Eisbergen am Wegdriften gehindert wird.

Auf der linken Seite des Bildes kann man den östlichen Rand des grönländischen Inlandeises sehen. Die in diesem Bereich bedeutensten Auslassgletscher befinden sich in der Mitte – der Nioghalvfjerdsbrae und der Zachariae Isstrom. Die Abbruchkante des Nioghalvfjerdsbrae ist im folgenden Ausschnitt dargestellt. Die Zunge des Gletschers ist relativ flach und schwimmt auf dem Meer. Man kann eine Reihe von Schmelzwasser-Kanälen erkennen, welche den komplexen Strukturen in der Oberfläche des Eises folgen. Die Dynamik einer schwimmenden Gletscherzunge wird nicht nur durch die Eiszufuhr von oben und das Kalben von Eisbergen am Ende bestimmt, sondern zu einem erhebliche Teil auch durch das Schmelzen und Anfrieren von Wasser an der Unterseite. Deshalb besteht die Gletscherzunge auch nicht vollständig aus Gletschereis sondern enthält vermutlich einen nicht unerheblichen Anteil gefrorenen Meerwassers. An der Vorderkante des Gletschers kann man eine Reihe von kleinen Inseln erkennen, einige eisfrei, andere vom Gletscher überströmt. Diese stabilisieren die Kante des Gletschers an dieser Stelle.

Die Abbruchkante des Zachariae Isstrom auf der anderen Seite hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgezogen – detaillierter wird dies im glacierchange-Blog diskutiert. Hier ein Ausschnitt von der aktuellen Position. Der Gletscher ist ganz links zu sehen, das Wasser vor der Abbruchkante mit einer Vielzahl von Eisbergen ist größtenteils gefroren, wobei die verschiedenen Farben des Eises auf unterschiedliches Alter hindeuten. Auf der rechten Seite kann man einen Teil der früheren Gletscherzunge erkennen, welcher nun vom Gletscher getrennt ist, aber nicht wie der Rest in Eisberge zerbrochen und weggeschwommen ist. Wie beim Nioghalvfjerdsbrae besteht dieses Eis aus einer Mischung von Gletscher- und Meereis.

Früher waren die schwimmenden Gletscherzungen hier wesentlich ausgedehnter und reichten bis zu den äußeren Inseln vor der Küste. In den meisten Jahren blieb das Küsteneis hier entlang der gesamten Küste im Sommer bestehen. Die ganze Situation ist nicht unähnlich zu der beim Matusevich-Schelfeis. Hier zwei Bilder von 1985 und 1975, welche den früheren Zustand illustrieren.

 

Drei weitere vergrößerte Ausschnitte, der erste vom Romer Sø, einem See in Kronprins Christian Land mit einigen Resten der winterlichen Eisbedeckung.

Der zweite zeigt Schmelzwasser-Seen auf dem Inlandeis.

und schließlich ein Ausschnitt aus dem Norden vom Südufer des Independence Fjord.

Wie üblich ist das gesamte Bild auf services.imagico.de verfügbar für Drucke und zur Lizenzierung.

Ein Kommentar

  1. Diese Aufnahmen erinnern mich an Beschreibungen über die Eigenschaften und Formen des Wassers in dem Buch: Das Sensible Chaos, von Theodor Schwenk. Es gibt so viele Parallelen. Dieser Autor hat noch viele andere Arbeiten über das Wesen des Wassers, ich glaube das könnte diese Betrachtungen über das Grönlandeis noch abrunden.

    https://jpibiodynamics.org/products/sensitive-chaos-the-creation-of-flowing-forms-in-water-and-air-by-theodor-schwenk

    Wunderbare Arbeit und freundliche Grüsse von Anette Aslan

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