Imagico.de

blog

SotM 2020 – ein paar Gedanken zu dem Experiment

| Keine Kommentare

Am letzten Wochenende fand die State-of-the-Map-Konferenz 2020 statt, welche diesmal nicht, wie ursprünglich geplant und wie dies in den vergangenen Jahren der Fall war, an einem bestimmten physikalischen Ort stattfand (in diesem Fall Kapstadt, Südafrika), sondern als virtuelle, verteilte Konferenz über das Internet.

Ich betrachte diese Änderung, welche durch die Pandemie-Situation, mit der wir alle umgehen müssen, erzwungen wurde, gewissermaßen als glückliche Fügung, als äußeres Ereignis, welches die Leute in Entscheidungs-Positionen dazu gezwungen hat, etwas auszuprobieren, was man vermutlich ansonsten über viele weitere Jahre noch nicht in Erwägung gezogen hätte.

Die Umsetzung der virtuellen, verteilten Konferenz als nachträgliche Modifikation einer eigentlich geplanten physikalischen Konferenz an einem einzelnen Ort hat natürlich zu einigen Unstimmigkeiten in der Aufstellung der Veranstaltung geführt und dazu, dass das volle Potential einer solchen verteilten Konferenz nicht ausgeschöpft wird. Dies war offensichtlich auch durch den Wusch bedingt, dass man nicht die ganze geleistete Arbeit noch mal von vorne beginnen wollte. Das offensichtlich größte und sichtbarste Problem bestand darin, dass das Vortrags-Programm der Konferenz fast ausschließlich aus Einsendungen besteht, welche von Leuten mit der Bereitschaft und Möglichkeit eingereicht wurden, die physikalische Konferenz zu besuchen oder in anderen Worten: Die Bereitschaft und Möglichkeit, nach Südafrika zu reisen und für den Vortrag vor Ort zu sein war Voraussetzung dafür, auf der virtuellen Konferenz einen Vortrag zu halten.

Das bedeutet, dass die Konferenz in ihrer Programm-Gestaltung nicht mal andeutungsweise so vielfältig ist, wie sie hätte sein können, wenn man sie von vorneherein als verteilte Konferenz geplant hätte. Dies sollten meiner Meinung nach alle im Kopf behalten, wenn sie die Konferenz bewerten.

Ich betrachte die ganze Veranstaltung vor allem als ein Experiment zum Testen der verwendeten Techniken, Methoden und Kommunikationsmittel, um eine virtuelle Konferenz im OSM-Umfeld zu veranstalten. Dies bezieht sich sowohl auf die Infrastruktur hinter den Kulissen als auch auf die öffentlichen Schnittstellen. Falls die SotM-WG ihre Erkenntnisse und Erfahrungen hierzu öffentlich dokumentiert und teilt wäre das sicher auch über die SotM hinaus von Nutzen für die OSM-Community.

Praktische Beobachtungen von der Konferenz

Die Pads zum Sammeln von Fragen und Kommentaren zu den Vorträgen haben gut funktioniert. Dieses Konzept könnte definitiv in zukünftigen verteilten Konferenzen eine erfolgreiche Rolle spielen. Anfangs wurden die Fragen anonym gestellt, was insbesondere bei Frederiks Vortrag zu allerlei ausfälligen Bemerkungen unter dem Deckmantel der Anonymität geführt hat. Es wurde später dann etabliert, dass Frage und Kommentare signiert werden sollten. Ich denke, dass die Verwendung von Pads auch auf das nicht-Vortrags-Programm ausgedehnt werden könnte wie bei den selbst organisierten Treffen.

Pad für allgemeine Rückmeldungen zur Konferenz – es gab ähnliche Pads für Fragen und Kommentare zu allen Vorträgen

Die Attraktivität der Pads rührt wohl größtenteils daher, dass sie die Echtzeit-Fähigkeit (welche für eine Echtzeit-Konferenz natürlich essentiell ist) mit einer nicht-linearen Freiform-Struktur des Textes verbinden (was sich angenehm von den meisten sonstigen Echtzeit-Kommunikationskanälen unterscheidet, welche fast immer eine strikt lineare Struktur aufweisen).

Es gibt eine ganze Menge Verbesserungs-Potential bei der Tonqualität. Das fängt mit der Lautstärke der Pausen-Musik relativ zur Lautstärke der Vorträge an und geht weiter bei Hall in schlecht gedämpften Räumen bei einigen Vortragenden und Rückkopplungs-Störungen aufgrund des Audio-Setups bei einigen. Das ist hauptsächlich eine Frage ausreichender Tests und Erfahrung damit das Equipment einzurichten und einzustellen so dass es gut funktioniert. Das erfordert natürlich von allen Beteiligten Zeit. Beim ersten Mal, wo man an so was Teil nimmt, ist dies natürlich am schwersten und es wird einfacher, wenn man dann mehr Erfahrung gewinnt. Und ich bin zuversichtlich, dass dies mit der Corona-Krise, die viele Leute dazu anregt, mehr Kenntnisse und Erfahrungen in der digitalen Fern-Kommunikation zu sammeln, mit jedem Tag besser wird. Mehr Kommunikation dazu, wie man gute Qualität bei Tonaufnahmen und gute Audio-Kommunikations-Qualität sicher stellt, das verstärkte Teilen von Erfahrungen und Techniken, wäre sicherlich hilfreich.

Was jedoch für mich im Verlauf der Konferenz auch klar wurde ist, dass die Bereitschaft der Leute, sich an Kommunikation zu beteiligen, in der Reihenfolge schriftliche Kommunikation > Audio-Kommunikation > Video-Kommunikation abnimmt. Ich denke, dass dies etwas ist, dass bei allen Audio- und Video-Kommunikationen im OSM-Umfeld Berücksichtigung finden sollte. Video-Treffen sind vielleicht für stark involvierte extrovertierte Leute Community-Mitglieder mit einer bestehenden Prominenz in der Community sehr bequem, sind jedoch für viele andere eher unangenehm. Und kulturelle sowie sprachliche Barrieren können durch Echtzeit-Kommunikation via Audio und speziell Video erheblich verstärkt werden.

Kommentare zu den Vorträgen

Ich hab nicht alle Vorträge der Konferenz angeschaut so dass diese Kommentare mehr anekdotische Beobachtungen als eine vollständiger Review sind. Alle Vorträge der Konferenz sind vorher aufgenommen worden während die Fragen und Antworten im Anschluss live stattfanden. Die vorherige Aufnahme der Vorträge bot den Vortragenden sehr weitreichende Möglichkeiten, welche bei einem live-Vortrag auf einer Konferenz nicht möglich wären und dies wurde von den Vortragenden sehr unterschiedlich genutzt. Ilya hat meiner Meinung nach in seinem Vortrag Send me a Postcard den innovativsten Ansatz dazu demonstriert. Ich würde allen, die in der Zukunft vor der Aufgabe stehen könnten, einen Vortrag aufzunehmen, raten, sich dies als positives Beispiel anzuschauen.

Einige der Vorträge, die ich angeschaut habe und die ich besonders interessant fand:

Allans amerikanische auf das politische Spektrum von

Allans keynote Winds of Change in OpenStreetMap – Obwohl dies nicht wirklich viele substantiell neue Informationen bietet für diejenigen, die der OSMF-Politik im Allgemeinen folgen und die in der Vergangenheit Aussagen von Allan dazu gelesen haben, bietet dieser Vortrag einen wertvollen Einblick in die Gedankenwelt und Mentalität des derzeitigen OSMF-Vorstands in Bezug auf ihre Arbeit. Obwohl Allan am Anfang deutlich macht, dass dies seine persönliche Sichtweise wiedergibt und nicht die des gesamten Vorstands scheint es auf Grundlage sonstiger Aussagen und Handlungen der anderen Vorstands-Mitglieder klar, dass sie viele der Dinge ähnlich sehen. Es gibt in dem Vortrag eine ganze Menge präzise Analyse, aber auch eine ganze Reihe von hochgradig fragwürdigen selektiven Wahrnehmungen, Annahmen und Schlussfolgerungen. Ich werd vielleicht auf einige davon separat eingehen, obwohl ich mir nicht ganz klar darüber bin, ob der Vorstand derzeit gewillt und offen dafür ist, seine Meinungen und Ansichten zur OSM-Community und zur Zukunft des OSM-Projektes sowie zur Rolle der OSMF und die Schlussfolgerungen, die er daraus zieht, in einer öffentlichen Diskussion zu verteidigen.

Frederik erklärt OpenStreetMap

Frederiks Vortrag There might have been a misunderstanding… – Wie üblich erklärt Frederik in gut verständlicher Art viele zentrale Aspekte des OpenStreetMap-Projektes, welche neuen Beitragenden wie auch Datennutzern oft Probleme bereiten, weil sie sich stark von dem Unterscheiden, was Leute von anderswo im Internet oder in der Geodaten-Welt gewohnt sind. Natürlich sind viele dieser oft missverstandenen Aspekte von OSM auch recht kontrovers und dies hat – wie weiter oben bereits angedeutet – zu einer Reihe von kritischen und in Teilen auch beleidigenden Kommentaren von Leuten geführt, die es lieber hätten, wenn diese Dinge sich bei OSM ändern würden und das Projekt damit kompatibler zu ihren Erwartungen wird. Was Frederik hier präsentiert ist jedoch größtenteils nicht Wunschdenken, wie er gerne hätte, dass OSM arbeitet, sondern die Darstellung davon, wie OpenStreetMap tatsächlich funktioniert – basierend auf vielen Jahren Erfahrung in der praktischen Tätigkeit im Projekt. Andere langfristig im Projekt tätige Leute würden dies auch größtenteils bestätigen. Egal ob man also diese Aspekte von OSM gut findet oder nicht und wie man möchte, dass sich OSM in der Zukunft entwickelt – es ist sehr nützlich, sich diesen Vortrag anzuschauen um zu verstehen, wie OpenStreetMap ‘tickt’.

Mikel verspottet Bedenken hinsichtlich Interessenkonflikten von Unternehmens-Mitarbeitern in der OSMF

Mikels Vortrag An Incomplete History of Companies and Professionals in OpenStreetMap – Im Grunde malt Mikel hier die Aktivitäten von Unternehmen in OSM und deren Geschichte in rosigen Farben und deutet an, dass man die ganzen herumliegenden Skelette in diesem Bereich am besten ignorieren sollte. Man könnte an dem Vortrag eine Menge kritisieren – die selektive Darstellung von Fakten, faktische und logische Fehler oder den Ansatz, differenzierte philosophische Kritik an den Einflüssen kommerzieller Interessen an OSM durch Ironie abzutun und ins Lächerliche zu ziehen. Wie auch immer – ich denke, dass es wertvoll ist, sich diesen Vortrag anzuschauen, um einen Einblick in die Geisteshaltung vieler Unternehmens-Mitarbeiter, die in OSM als Teil von oder in Bezug zu ihrer Arbeit involviert sind, zu bekommen.

Janet erläutert Entwicklungshilfe im ländlichen Tansania

Janets Vortrag Building mapping communities in rural Tanzania – challenges, successes and lessons learnt – Ich fand diesen Vortrag vor allem aufgrund einer bestimmten Beobachtung interessant. Zu Beginn werden eine Reihe konkreter Hilfsprojekte ohne Mapping-Bezug vorgestellt, in denen Leute in ländlichen Regionen von Tansania bei der Lösung von Problemen des täglichen Lebens geholfen wird. Und lobenswerterweise liegt der Schwerpunkt hier darauf, die Leute dabei zu unterstützen, ihre Probleme nachhaltig und unabhängig von externer Hilfe mit lokalen Mitteln anzugehen. Wenn es jedoch zum Thema Mapping und digitaler Technologien kommt, greift die selbe Initiative kritiklos auf kommerzielle Dienste und proprietäre Werkzeuge zurück und regt Leute vor Ort an, solche Dienste und Werkzeuge zu nutzen und sich damit in eine dauerhafte Abhängigkeit von nicht lokalen Unternehmen zu begeben, was ihre lokale Mapping-Tätigkeit angeht, anstatt Leute darin anzuleiten, offene Technologien und Open-Source-Werkzeuge zu nutzen, welche sie selbst kontrollieren und gestalten können.

Um das klarzustellen – ich möchte hiermit nicht behaupten, dass dieser Vortrag irgendwie ein Beispiel besonders fragwürdiger Arbeitsweise ist. Im Gegenteil, die gezeigten Beispiele zeigen, dass hier ein prinzipiellen Problembewusstsein existiert, welches anderswo fehlt. Aber der Vortrag demonstriert für mich recht gut, wie in der digitalen Welt und außerhalb davon grundsätzlich andere Maßstäbe angelegt werden, was die Ziele beim Anbieten von Hilfe und Unterstützung angeht.

Ilya wirbt für das Verschicken von Postkarten in einem innovativen Video

Ilyas Vortrag Send me a Postcard – Ich habe diesen Vortrag bereits oben erwähnt als Beispiel dafür, wie man innovativ die Möglichkeiten vorher aufgenommener Vorträge nutzen kann. Darüber hinaus kann ich diesen Vortrag auch deshalb empfehlen, weil Ilya mehr als viele andere prominente Leute in der OSM-Community ein realistisches Bild von den Herausforderungen der inter-kulturellen Kommunikation in der OSM-Community hat.

Susanne erklärt verschiedene Ansätze, einen Mapper auf Grundlage von dessen Mapping-Tätigkeit zu verorten

Susannes Vortrag Analyzing the localness of OSM data – Dies war einer der Vorträge aus dem akademischen Segment, den ich interessant fand, denn er beschäftigt sich ein bisschen damit, wie man ein Thema gewissenhaft von einer wissenschaftlichen Perspektive angeht – indem man die Konzepte, die man untersuchen möchte (hier die Lokalität von Daten und Beiträgen in OSM) kritisch evaluiert und die verwendeten Begriffe definiert bevor man mit den eigentlichen Studien beginnt. Der Vortrag stellt kaum substantielle Ergebnisse dar, so dass dieser bedeutenden Anfangsphase einer wissenschaftlichen Arbeit recht viel Gewicht im Vortrag zukommt. Wie die meisten wissenschaftlichen Studien zu OpenStreetMap versäumt natürlich auch diese Arbeit, die eigenen Voreingenommenheiten der wissenschaftlichen Profession kritisch zu hinterfragen (was sich deutlich manifestiert in der nicht hinterfragten Annahme, dass es einen inhärenten Vorteil von professionell erfassten Geodaten gegenüber der Arbeit von Hobby-Mappern geben muss), jedoch zeigt der Vortrag ansonsten eine gründliche und offene Herangehensweise an das Thema. Da ich die ökonomischen Rahmenbedingungen der institutionellen wissenschaftlichen Forschung heutzutage recht gut kenne, hab ich leider keine großen Hoffnungen, dass die hier skizzierten ambitionierten Pläne tatsächlich umgesetzt werden, ohne dass Abkürzungen gewählt werden, die die Ergebnisse entwerten. Aber der Wille zu gründlicher Arbeit ist erkennbar.

Ein Blick in die Zukunft verteilter OSM-Konferenzen

Wie bereits Eingang gesagt stellt die diesjährige SotM eine Art Experiment dar und dessen Ausgang zeigt ein bisschen, wie viel ungenutztes Potential in der Idee einer verteilten Konferenz liegt. Ob dieses Potential im Kontext von OSM langfristig genutzt wird, dürfte sehr davon abhängen, wie stark die OSMF, die SotM-Arbeitsgruppe und sowohl der wohlhabende und einflussreiche OSM jetset wie auch die traditioniellen Unterstützer der Konferenz aus der Unternehmenswelt gewillt sind, die liebgewonnene Tradition der teuren und verschwenderischen Reisen um die Welt, um sich in größerer Zahl an einem einzelnen Ort zu versammeln, zugunsten neuer und deutlich inklusiverer Möglichkeiten aufzugeben.

Ein paar weiterführende Ideen, was für zusätzliche Möglichkeiten ein virtuelles Konferenz-Format über das hinaus, was man dieses Jahr ausprobiert hat, bieten könnte:

In einer verteilten Konferenz liegt die Hürde, einen Vortrags-Vorschlag einzureichen, wesentlich niedriger, denn dies erfordert nicht die Bereitschaft, eine teure Reise zum Ort der Konferenz auf sich zu nehmen. Ich kann mir bereits vorstellen, wie manche befürchten, dass das Programm-Kommittee deshalb in Einsendungen untergehen könnte. Die Lösung dafür ist, dass man das Ganze nicht mehr aus dem Blickwinkel einer physikalischen Konferenz betrachtet. Es ist nicht wirklich erforderlich, eine Vorauswahl der Vorträge aufgrund eingereichter Zusammenfassungen vorzunehmen, man kann die Leute ganz einfach den vollständigen Vortrag einreichen lassen. Dies erfordert mehr Arbeit von Seite des Vortragenden im Vergleich dazu, einfach ein blumiges Abstract zu formulieren. Hierdurch würden nicht seriöse Einsendungen bereits aussortiert. Und die Bewertungen eines Vortrages nach ein paar Minuten durch die Aufzeichnung schauen ist im Grunde viel fairer als eine Bewertung ausschließlich auf Grundlage des Abstracts. Wenn man also das Programmkomittee Vorträge anstatt Abtracts auswählen lässt, ist dies für eine virtuelle Konferenz vermutlich besser und fairer. Alternativ könnte man auch überlegen, komplett auf die Auswahl von Vorträgen zu verzichten und den Konferenz-Besuchern alle Einreichungen zugänglich zu machen. Bei einer virtuellen Konferenz gibt es ja keine physikalischen Begrenzungen durch begrenzte vorhandene Räumlichkeiten. Dass man ggf. nicht für alle Vorträge eine moderierte live Q&A anbieten kann, ist klar – das lässt sich jedoch auch kreativ lösen.

Eine andere Idee ist, bei einer virtuellen, verteilten Konferenz nicht nur die Bindung an einen bestimmten Ort aufzuheben, sondern die Konferenz auch zeitlich mehr zu verteilen. Zeitzonen-Unterschiede sind bei einer internationalen online-Konferenz in Echtzeit ein erhebliches Problem – dies wurde bei der SotM 2020 auch recht deutlich. Also warum nicht darauf verzichten, die Konferenz auf zwei Tage zu komprimieren und stattdessen das Ganze auf einen Zeitraum von sagen wir ein bis zwei Wochen zu entzerren. Ein paar Tage vor dem Beginn des Echtzeit-Teils würden die voraufgezeichneten Vorträge den Besuchern zugänglich gemacht und können zu einem individuell wählbaren Zeitpunkt angeschaut werden. Und man hat die Möglichkeit, Fragen und Kommentare asynchron abzugeben. Vortragende haben dann etwas Zeit, sich die Fragen gründlich anzuschauen und über die Antworten nachzudenken, bevor dann in einer moderierten Echtzeit-Konferenz die Diskussion der Fragen sowie ggf. eine weitere Echtzeit-Diskussion stattfinden. Das Ganze könnte man dann abschießen mit der Möglichkeit für die Vortragenden, in den folgenden Tagen weitere Informationen in Hinblick auf die Diskussion zu ergänzen.

Allan (mit Gregory als moderator) während seiner selbst organisierten Fragerunde

Mit dem Keynote-Vortrag von Allan hatten wir im Grunde bereits eine Demonstration davon, wie so was im Ansatz funktionieren könnte. Es gab zu diesem Vortrag keine Diskussion unmittelbar im Anschluss, stattdessen gab es aber später am Abend eine längere Fragestunde in Form eines selbstorganisierten Treffens. Damit konnten Konferenzbesucher nicht nur direkt während des Vortrags Fragen stellen, sondern hallte anschließend für mehrere Stunden die Gelegenheit, den Vortrag per re-live noch mal zu schauen und in Ruhe weitere Fragen und Kommentare zu formulieren. Es war ein bisschen bedauerlich, dass Allan nicht mehr Zeit hatte, die Fragen gründlich zu lesen und länger über Antworten nachzudenken, was dann die Grundlage einer einer interessanteren Live-Diskussion und weiteren Kommentaren hätte sein können. Aber im Prinzip wurde hier bereits deutlich, dass ein langsamerer Dialog zwischen Vortragenden und Besuchern der Konferenz einen produktiveren und tiefergehenderen Diskurs ermöglichen kann.

Um diesen Beitrag abzuschließen zwei weitere Dinge: Ich betrachte es als glückliche Fügung, dass der Schritt zu einer virtuellen Konferenz dazu geführt hat, dass das Stipendien-Programm dieses Jahr nicht umgesetzt wurde. So weit ich gehört habe, war die Auswahl der Stipendiaten bereits abgeschlossen, als die Entscheidung zum Konferenz-Format fiel und der Ablauf dabei war mehr oder weniger der selbe wie im Jahr davor – trotz der fundamentalen Probleme, auf die ich zuvor hingewiesen habe und ohne dass ein gesteigertes Problembewusstsein bei der OSMF sichtbar ist. Falls das Stipendien-Programm dieses Jahr umgesetzt worden wäre und wieder mehrere zehntausend Euro OSMF-Geld unter fragwürdigen Umständen ausgegeben worden wären, hätte ich stark in Erwägung gezogen, die Konferenz dieses Jahr komplett zu boykottieren.

Für zukünftige verteilte Konferenzen sollte es recht offensichtlich sein (und zwar unabhängig davon, ob es dabei auch eine nicht virtuelle Komponente gibt) dass sich ein solcher Geldbetrag, wie er in den vergangenen Jahren für fragwürdige Kurzreisen um die Welt für eine Handvoll ausgewählter Leute ausgegeben wurde, viel wirkungsvoller zugunsten einer viel größeren Zahl von Leuten (vermutlich um den Faktor 10 bis 100 mehr!) einsetzen ließe, indem man ihnen Zugang zu der Konferenz bietet durch Finanzierung von Zugang zu digitaler Kommunikationsbandbreite und Ausrüstung vor Ort, um an der Konferenz auf die Ferne teilzunehmen. Die kann in Form von mobilen Datenpaketen für den Internet-Zugang für Einzelne für den Zeitraum der Konferenz geschehen wie auch durch die Anmietung von Konferenzräumen mit Breitband-Internetzugang für Gruppen lokaler Mapper – es gibt da viele Möglichkeiten.

Und zum Schluss möchte ich auch meine Wertschätzung für die Organisatoren ausdrücken dafür, dass sie es geschafft haben, dass gesamte System für die verteilte Konferenz weitestgehend auf Grundlage von Open-Source-Software und offenen Plattformen umzusetzen. Wie andere bereits angemerkt haben, gibt es noch Raum für Verbesserungen, indem man nicht prominent proprietäre Kommunikationsplattformen wie Twitter, Telegram und Slack bewirbt. Aber die Absicht, in der Kern-Infrastruktur ausschließlich offene Systeme zu nutzen, ist klar sichtbar. Dies ist besonders lobenswert, wenn man bedenkt, dass dies leider nicht gleichermaßen für die gesamte OSM-Welt oder sogar die FOSS-Welt gilt, wo Veranstaltungen aufgrund von Corona teils ohne solche Grundsätze ins Virtuelle verlagert wurden.

Es wäre nicht das Internet ohne Katzen-Content – Ilya’s Katze hat ihren Auftritt

Hinterlassen Sie eine Antwort

Pflichtfelder sind mit * markiert.



Durch das Abschicken Ihres Kommentars stimmen Sie der Datenschutzrichtlinie zu und erlauben, dass die eingegebenen Informationen (mit Ausnahme der eMail-Adresse) in diesem Blog veröffentlicht werden.